Vom 02.-05.11.2008 fand der 19. Internationale ALS-Kongress in Birmingham (England) statt. Während einer Veranstaltung des Europäischen ALS-Konsortiums (EALSC) wurden die Ergebnisse einer tierexperimentellen Studie mit Lithiumcarbonat vorgestellt. Die Arbeitsgruppe der Neurobiologin Catharina Bendotti vom Pharmakologischen Institut der Universität Milano zeigten keinen positiven Effekt von Lithium auf den Krankheitsverlauf der ALS. Während der Studie wurden transgene SOD1 G93A-Mäuse als etabliertes Tiermodell der ALS ab dem 75. Lebenstag behandelt. Das mittlere Überleben der unbehandelten SOD 1-Maus betrug 180 Tage, während die Lithium-Behandlungsgruppe ein mittleres Überleben von 171 Tagen aufwies. Damit wurde erkennbar, dass Lithium im untersuchten Tiermodell keinen vorteilhaften Effekt aufweist, sondern einen Trend für einen negativen Einfluss auf das Überleben aufzeigt. Dieser Effekt war jedoch nicht statistisch signifikant, so dass von diesem Ergebnis kein nachteilhafter Effekt von Lithium auf den ALS-Krankheitsverlauf abzuleiten ist. Die Studie zeigt, dass die Ergebnisse der Erstveröffentlichung im April 2008 aus der Arbeitsgruppe von Fornai und Mitarbeitern der Universität Pisa nicht reproduzierbar sind. Aufgrund der uneinheitlichen Datenlage aus tierexperimentellen Studien und des eingeschränkten Studiendesign einer laufenden Lithium-Studie bei italienischen ALS-Patienten hat im September 2008 die britische ALS-Assoziation (MNDA, Motorneurone disease association) beschlossen, eine humane Lithumstudie in Großbritannien durchzuführen. Der vermutliche Studienbeginn wird im Laufe des Jahres 2009 sein. Gleichzeitig wird in den USA und Kanada durch eine Zusammenarbeit der ALS Association in the USA und der ALS Association of Canada eine weitere Lithium-Studie realisiert. Aufgrund der zahlreichen Aktivitäten der klinischen Forschung zur Thematik der Lithium-Behandlung wird voraussichtlich keine weitere europäische Studie initiiert. In Hinblick auf die geringe Datenlage zugunsten von Lithium sind die laufenden Lithium-Studien als ausreichend anzusehen. Von einer Selbstmedikation von Lithium ist aufgrund der aktuellen tierexperimentellen Ergebnisse weiterhin abzuraten.