Stammzellen sind Bestandteile embryonalen Gewebes, die als Vorläuferzellen für die unterschiedlichen Gewebe des menschlichen Organismus einschließlich des Nervensystems zu betrachten sind. Während der Embryonalentwicklung wandeln sich die unausgereiften Vorläuferzellen in morphologisch unterschiedliche Gewebe mit speziellen Funktionen.
Die embryonalen Stammzellen haben eine besondere Aufmerksamkeit erfahren, weil theoretische Überlegungen und einzelne tierexperimentelle Erkenntnisse den Einsatz von Stammzellen als Gewebeersatz für degenerierte Zellen ermöglichen. Zu betonen ist, dass es sich dabei um theoretische Konzepte handelt, die noch keine praktische Umsetzung erfahren haben. Dabei zeigen sich zwei Hauptschwierigkeiten bei der klinischen Nutzung von Stammzellen: Zunächst müssen die Stammzellen in ein funktionstüchtiges Gewebe, z. B. Nervenzellen umgewandelt werden. Das ist ein sehr komplexer Prozess, der erst unter speziellen experimentellen Bedingungen an tierischen Zellen und nur teilweise gelungen ist. Unklar bleibt weiterhin, ob die aus Stammzellen generierten Nervenzellen eine volle Funktionstüchtigkeit erwerben können. Das gilt insbesondere für motorische Nervenzellen, die sehr komplizierte Aufgaben koordinieren und bei der ALS degenerieren. Ein weiteres ungelöstes Problem ist der Transport der Stammzellen an den Ort der Nervenschädigung. Dieses Problem ist bei der ALS besonders relevant, da die motorischen Nervenzellen im Bereich des gesamten Gehirns und Rückenmarks betroffen sind.
Aufgrund der derzeitigen technischen Begrenzungen und des noch geringen Erkenntnisstandes auf dem Gebiet der Stammzellbiologie ist davon auszugehen, dass eine praktische Umsetzung von Ergebnissen der experimentellen Stammzelltherapie mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird.
Damit ist festzustellen, dass sich aus dem bisherigen Stand der Stammzellforschung kein praktischer Nutzen für ALS-Patienten in der Gegenwart ableiten lässt.