Die Knochenmarktransplantation bei einer portugiesischen Patientin an der Universität des Bundesstaates Bahia in Portugal im Juli 2005 hat das wissenschaftliche Interesse und eine Medienaufmerksamkeit erzeugt. Berichtet wird die Behandlung einer 32-jährigen Patientin mit der Diagnose einer ALS, die nach einer Knochenmarktransplantation eine deutliche Rückbildung der Symptomatik zeigte. Prinzipiell ist eine Knochenmarktransplantation und hämatologische Stammzelltherapie von Interesse, da ein positiver Effekt einer Immuntherapie grundsätzlich denkbar ist.
Hintergrund dieser Feststellung sind neuere Informationen über Entzündungsprozesse im Umfeld der motorischen Nervenzellen bei der ALS. Eine immunmodulierende Behandlung ist daher ein sinnvoller Ansatz der ALS-Therapieforschung. Die beschriebene Rückbildung der klinischen Symptomatik ist jedoch Anlass zur Zurückhaltung bei der Bewertung der beschriebenen Transplantation. Aufgrund der biologischen Charakteristika der ALS ist eine Rückbildung motorischer Defizite nicht zu erwarten. Das Wesen der motorischen Veränderungen bei der ALS besteht darin, dass hochgradige Lähmungen durch den bereits erfolgten Nervenzelluntergang nicht umkehrbar sind.
Die höchsten Ziele gegenwärtiger Therapiekonzepte bestehen darin, einen Stillstand der Erkrankung zu erreichen. Nach dem heutigen Kenntnisstand über die Regenerationsfähigkeit des zentralen Nervensystems ist die Rückbildung bereits degenerativer Nervenzellen nicht möglich. Vor diesem Hintergrund ist zu diskutieren, dass bei der berichteten Pilotstudie eine Fehlinformation zur Diagnose oder zum weiteren Krankheitsverlauf vorliegt.