Auf dem internationalen ALS-Kongress in Milano/Italien im November 2003 wurden erstmals Ergebnisse einer placebo-kontrollierten, multizentrischen Therapiestudie mit Tamoxifen bei der ALS vorgestellt. Bei Tamoxifen handelt es sich um ein Medikament, das eine breite klinische Anwendung bei der Behandlung des Mamma-Karzinoms (Brustkrebs) findet. Die Substanz reguliert Hormon-Rezeptoren auf Tumorzellen und reduziert die Wahrscheinlichkeit von Metastasen beim Mamma-Karzinom. In der heutigen klinischen Praxis werden die Frauen mit einem bestimmten Subtyp des Mamma-Karzinoms nach der sicheren Diagnosestellung über mehrere Jahre mit Tamoxifen therapiert. Bei einer kleinen Gruppe von Patienten mit einem Mamma-Karzinom trat zusätzlich als unabhängige Erkrankung eine ALS hinzu.
Die Arbeitsgruppe um Dr. Brooks, University of Wisconsin, Madison, USA machte eine interessante Beobachtung: Durch den Beginn einer Tamoxifen-Behandlung mit der Indikation eines bestehenden Mamma-Karzinoms wurde ebenfalls eine Verzögerung der ALS-Krankheitsprogression beobachtet. Dabei ist zu betonen, dass es sich um Einzelberichte und subjektive, unkontrollierte Beschreibungen des Krankheitsverlaufes handelt. Mit diesen Informationen ist kein sicherer Rückschluss auf die prinzipielle Wirksamkeit von Tamoxifen bei der ALS möglich. Zur Aufklärung eines möglichen therapeutischen Effektes von Tamoxifen bei der ALS wurde eine Phase-II-Therapiestudie bei 100 ALS-Patienten in 5 Dosierungen mit dem Ziel einer Verträglichkeitsabschätzung über die Dauer eines Jahres durchgeführt.
Die Zwischenauswertung nach einem 3-monatigen Verlauf der Studie zeigte eine geringe Rate unerwünschter Arzneimittelwirkungen, die sich vor allem durch Hitzewallungen und episodischer Hautrötung im Gesichts- und Körperstamm- bereich darstellte. Eine Therapiestudie mit Tamoxifen mit dem Ziel einer Wirksamkeitsuntersuchung der Substanz bei der ALS ist im Anschluss an die Verträglichkeitsstudie ab Ende 2004 in den genannten Studienzentren vorgesehen.