Das ALS-Zentrum in Tours (Frankreich) war Gastgeber des Europäischen ALS-Kongresses
(ENCALS, European Network to Cure ALS) der vom 15.-17. Mai 2019 stattfand.
Vom ALS-Zentrum der Charité nahmen drei Ärzte und Wissenschaftler an der Konferenz teil. Dabei standen die folgenden Themenschwerpunkte im Mittelpunkt: Genomische Medizin, Krankheitsmechanismen der ALS, Krankheitsmodelle, Biomarker, Klinische Forschung und Therapieforschung. Bei der genomischen Forschung stand die Grundlagenmedizin zu Mutationen im C9orf72-Gen und Mechanismen der RNA-Regulation im Vordergrund. Dabei wird vermutet, dass Mutationen im C9orf72-Gen (das bei der familiären ALS die häufigsten Mutationen aufweist) einen Einfluss auf die RNA Biologie ausübt und möglicherweise für eine RNA-vermittelte Neurotoxizität verantwortlich ist. Auch im Bereich der Krankheitsmechanismen und ALS-Modelle standen Fragen der gestörten RNA- und Protein-Regulation im Mittelpunkt der Präsentationen und berichteten Forschungsergebnisse. In der klinischen Forschung wurden verschiedene erfolgreiche Projekte im Bereich der Präzisionsmedizin (Precision Medicine) vorgestellt. Dabei werden zunehmend Datenmodelle, Digitalisierungsstrategien und erste Ansätze von künstlicher Intelligenz (Artificial Intelligence, AI) erprobt, um mit höherer Effektivität, Genauigkeit und Geschwindigkeit den klinischen Verlauf der ALS und Effekte von Therapien zu identifizieren. Die Präsentationen zu Biomarkern wurden durch die Forschung zu Neurofilament Light Chain (NF-L), microRNA und MRT-Forschung bestimmt. In den Therapie-Präsentationen wurden die Ergebnisse zu Tofersen (SOD1-ASO-Medikament) von Biogen, Reldesemtiv von Cytokinetics sowie Levosemendan von Orion Pharma vorgestellt und diskutiert (siehe gesonderte Nachrichten zu den genannten Studien). Weitere Vorträge betrafen Erfahrungen mit der Riluzol-Suspension, neuere Daten zu den Therapieeffekten von Riluzol sowie die bisherigen Erfahrungen zu Edaravone. Insgesamt war der ENCALS-Kongress ein wichtiges Format für den medizinisch-wissenschaftlichen Austausch von spezialisierten Neurologen, Grundlagenwissenschaftlern und klinischen Forschern, die auf dem Gebiet der ALS engagiert sind.