Mit Beginn 2014 ist eine Studie der Versorgungsforschung zur ALS-Medikamentenbehandlung geplant. Derzeit befindet sich die Studie in administrativer und technologischer Vorbereitung sowie in Evaluierung durch die Ethikkommission der Charité.
Wissenschaftliche Fragestellung:
Bei der ALS ist bisher 1 Medikament zugelassen: Riluzol mit dem Originalpräparat Rilutek® sowie zahlreiche Generika. Für das Medikament Riluzol liegen lediglich die Daten der 2 Zulassungsstudien mit weniger als 500 Patienten vor, die Mitte der 90iger Jahre abgeschlossen wurden. Trotz der Verwendung von Riluzol seit mehr als 20 Jahren sind bemerkenswert wenige wissenschaftliche Daten zu diesem Medikament erhoben und ausgewertet worden.
In der praktischen Behandlung der ALS kommen außer Riluzol noch zahlreiche andere Medikamente zum Einsatz. Dazu zählen Medikamente gegen Spastik, Speichelfluss, Schmerzen, Angst, Depression, motorische Enthemmungsphänomene, Unruhe und Atemnot. Andere Medikamente betreffen Schlafstörung, Verstopfung oder bronchiale Verschleimung. Für die medikamentöse Behandlung der unterschiedlichen ALS-Symptome liegen individuelle Erfahrungen einzelner Neurologien sowie anderer Ärzte vor. Systematische Untersuchungen liegen bisher nicht vor. Dabei sind die folgenden Fragen für die einzelnen Medikamente und Indikationen noch offen und zu klären:
• Wie häufig wird das Medikament bei der ALS eingesetzt?
• In welcher Erkrankungsphase ist das Medikament besonders wirksam?
• Welche Nebenwirkungen sind in welcher Dosis zu erwarten?
• In welcher Dosis ist das beste Nutzen-Nebenwirkungsverhältnis zu erreichen?
• Wird das Medikament von Patienten an andere Patienten weiter empfohlen?
• Welche Kombinationen des Medikaments sind besonders geeignet?
• Welche Kombinationen dieses Medikamentes sind ungünstig?
• Gibt es Gewöhnungseffekte an die Nebenwirkungen?
• Wie hoch ist die Ansprechquote bei diesem Medikament?
• Welche alternativen Medikamente werden an anderen ALS-Zentren verwendet?
• Was ist der rechte Zeitpunkt, um mit dem Medikament zu beginnen?
• In welchem Erkrankungsstadium ist das Medikament nicht mehr wirksam?
• In welcher Phase der Erkrankung ist das Medikament besonders wirksam?
Die oben formulierten Fragen sind eine Auswahl von wichtigen Fragestellungen, die bei der Mehrheit der eingesetzten Medikamente deutschlandweit erfasst und erforscht werden sollen.
Grundlage der Studie Med-ALS01 ist das Internetportal AmbulanzPartner.de, das eine persönliche elektronische Versorgungsakte mit einem „Medikamentenplan“ beinhaltet. Der Medikamentenplan Ihrer neurologischen Medikamente wird von einem spezialisierten Apotheker angelegt und aktualisiert. Damit sind Sie von der Aufwendung und Verantwortung zur Pflege des Medikamentenplanes vollständig entlastet. Sie haben jedoch die Möglichkeit, den Medikamentenplan auf Ihrem persönlichen Zugang zum AmbulanzPartner-Portal einzusehen und sich bei Bedarf auf Papier auszudrucken. Außer der zeitlichen und fachlichen Entlastung für Sie und den Arzt gibt es noch einen anderen Grund, warum der Apotheker die geeignete Rolle ist, um den Medikamentenplan anzulegen und in Ihrem Auftrag aktuell zu halten: Nur der Apotheker (und nicht der Arzt) hat die exakte Information, welches Präparat tatsächlich ausgegeben wurde. Bei der Vielzahl der Generika (sogenannte „Nachahmerpräparate“) hat lediglich der Apotheker die Information und Vorgabe, welche Verträge zwischen Krankenkassen und Generika-Herstellern bestehen und zur Abgabe bestimmter Produkte verpflichten.
Wie läuft die Studie Med-ALS01 ab?
Bei Interesse zur Studienteilnahme erhalten Sie eine Patienteninformation und eine Einwilligungserklärung. In diesem Dokument willigen Sie ein, dass die erhobenen Daten zu medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken erfasst und in anonymisierter Form veröffentlicht werden können. Weiterhin bekommen Sie mit der gleichen Postsendung drei Dokumente zugesendet, in denen Sie Ihr Einverständnis mit der Nutzung des Internetportal AmbulanzPartner.de erklären sowie zwei Dokumente, in denen Sie über Ihr Apothekenwahlrecht informiert werden. Sie erklären mit beiden Dokumenten, dass Sie mit der Versorgung durch eine Apotheke einverstanden sind, die im Umgang mit dem Internetportal AmbulanzPartner.de geschult und dem notwendigen Datenschutz verpflichtet ist. Für sämtliche Dokumente haben Sie ein unmittelbares Rücktrittsrecht – ohne Angabe von Gründen.
In einem frankierten Rückumschlag senden Sie den „Stapel“ von vier unterzeichneten Dokumenten zurück (Adresse siehe unten). Damit haben Sie die wesentlichen Aufwendungen zum Eintritt in die Studie vollbracht. Mit in diesem Umschlag versenden Sie Ihr Rezept mit den ALS-bezogenen Medikamenten (Riluzol und andere neurologische Medikamente). Die Rezepte werden in Ihrem Auftrag an ein Logistikunternehmen übersendet, der die Auswahl einer geeigneten Apotheke trifft. Die folgenden Kriterien gelten für die Auswahl der Apotheke:
• Teilnahme am AmbulanzPartner-Netzwerk
• Vorhaltung eines ALS-Telefonzentrale für die Beratung von ALS-Patienten („Callcenter“)
• Bundesweite Auslieferung von Medikamenten innerhalb von 48 Stunden
Bei teilnehmenden Patienten aus Berlin wird es zu keiner wesentlichen Verzögerung in der Medikamentenlieferung nach Hause im Vergleich zur Medikamentenversorgung außerhalb der Versorgungsforschung kommen. Für Teilnehmer im breiteren Bundesgebiet ist der Postweg des Rezeptes nach Berlin als Verzögerung einzuplanen. Aufgrund des chronischen Charakters der ALS ist die Medikamentenumstellung meist nicht tagesaktuell notwendig, so dass die Verzögerung um 4 Tage zu tolerieren ist. Die folgenden zeitlichen Abläufe sind zu erwarten: 2 Tage Postweg + 2 Tage für Dokumentation auf dem Internetportal, Auslieferung und bundesweite Versendung nach Hause.
Als Vorteil erhalten Sie mit jeder Medikamentenversendung einen aktualisierten Medikamentenplan (ausgedruckt und im Internet), den Sie bei Ihren Besuchen weiterer Ärzte mitnehmen können. Weiterhin steht Ihnen für jegliche Fragen rund um die ALS-Medikation eine Telefonberatung von Montag bis Freitag durch eine Apotheke zur Verfügung, die an der Studie teilnimmt. Für Ihre Aufwendungen zur Studienteilnahme erhalten Sie eine Aufwandsentschädigung von 10 Euro pro Quartal. Auf einem entsprechenden Formular werden Sie um die Angabe Ihrer Kontoverbindung gebeten.
Die Studie wird aus Forschungsmitteln der Projektgruppe AmbulanzPartner (PGAP) an der Charité finanziert. Kosten sind für Sie als Patient, teilnehmende Ärzte und Apotheken nicht verbunden.
Was „muss“ ich tun, um an der Studie teilzunehmen?
1. E-Mail an [email protected] mit der Bitte um Zusendung der Unterlagen
2. Kenntnisnahme der Unterlagen und Unterschrift auf 4 Dokumenten
(a) Einwilligung in die Nutzung des Internetportals AmbulanzPartner;
b) Bestätigung des Apothekenwahlrechtes;
c) Lieferauftrag zur Versendung Ihrer Medikamente nach Hause;
d) Eintragung Ihrer Kontoverbindung für Aufwandsentschädigung
3. Versendung der 4 Medikamente + Rezept im frankierten Rückumschlag
4. Empfang der Medikamente zu Hause zu einem Zeitpunkt Ihrer Wahl
Was muss ich im weiteren Verlauf der Studie tun?
1. Versendung des Rezeptes in einem frankierten Rückumschlag
2. Empfang der Medikamente zu Hause zu einem Zeitpunkt Ihrer Wahl
3. Bei Bedarf Anruf im „Callcenter“ durch Sie oder von Ihnen autorisierte Angehörige, um über positive oder negative Medikamenteffekte zu berichten, die auf dem Internetportal AmbulanzPartner dokumentiert werden
Die Studie Med-ALS01 ein innovatives und ambitioniertes Vorhaben der Versorgungsforschung mit dem Ziel, die symptomatische und palliative Medikamentenbehandlung bei der ALS zu analysieren und zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Studie besteht darin, das Internet als wichtiges Medium der Versorgungsunterstützung besser zu nutzen und die damit verbundenen Potentiale auszuschöpfen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Jahr 2014 zum Wissenschaftsjahr mit dem Motto „Leben in einer digitalen Gesellschaft“ gewidmet. Tatsächlich handelt es sich bei der Studie Med-ALS01 um ein Projekt, um die Vorteile der „Digitalisierung“ zugunsten einer besseren Gesundheitsversorgung zu schöpfen. Mit diesem gesamtgesellschaftlichen Hintergrund laden wir Sie ein, an der Studie teilzunehmen. Für mögliche Rückfragen stehe ich Ihnen zur Verfügung.
Studienärzte:
Prof. Dr. Thomas Meyer, Facharzt für Neurologie, Palliativmedizin
Andreas Funke, Facharzt für Neurologie, Studienarzt und wissenschaftlicher Leiter der Studie
Dagmar Kettemann, Fachärztin für Neurologie, Studienärztin
Prof. Dr. Christoph Münch, Facharzt für Neurologie und Projektmanager
Weitere beteiligte Personen:
Bertram Walter, Diplominformatiker und IT-Management
Annett Thomas, Datenmanagement
Nina Thomaka, Datenmanagement