In einer Publikation in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature vom 06.01.2005 beschreibt die Arbeitsgruppe des Neurologen Dr. Rothstein (Baltimore, USA) einen möglichen therapeutischen Effekt einer spezifischen Antibiotikagruppe bei der ALS. Der Einsatz des Antibiotikums Ceftriaxon führte zu einer geringgradigen Lebenszeitverlängerung im ALS-Tiermodell (SOD1 G93A-Mausmodell). Unbehandelte Tiere zeigte eine Lebensspanne von 122 Tagen, während die Gruppe der Ceftriaxon-behandelten Mäuse eine Lebenszeit von 132 Tagen aufwies. Als Mechanismus des therapeutischen Effektes wird eine Aktivierung des Glutamattransports im zentralen Nervensystem des Tiermodells hypothetisiert. Der antibakterielle Effekt der antibiotischen Behandlung ist für den Behandlungseffekt ohne Bedeutung, da die untersuchten Tiere keine Infektionszeichen aufwiesen.
Zur betonen ist, dass die Studie erhebliche methodische Begrenzungen aufweist, so dass eine direkte Umsetzung des Tierexperiments in die klinische Praxis nicht gerechtfertigt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mehr als 10 unterschiedliche pharmakologische Substanzen jeweils zu einer Lebenszeitverlängerung im ALS-Tiermodell geführt haben (Celebrex, Kreatin, Vitamin E), die in der klinischen Anwendung bei ALS-Patienten sich nicht als wirksam erwiesen haben. In Hinblick auf die Risiken eines unkontrollierten und chronischen Einsatzes von Ceftriaxon ist von einer Antibiotika-Therapie außerhalb einer klinischen Studie abzuraten. Die Initiierung einer Ceftriaxon-Therapiestudie bei ALS-Patienten ist noch nicht entschieden, da die Tierexperimente aus der Arbeitsgruppe von Rothstein und Mitarbeitern sich in vorangegangenen Untersuchungsserien als fehlerhaft erwiesen haben und umstritten sind.