Eine Veröffentlichung in der amerikanischen Fachzeitschrift NEUROLOGY führte zu einer erneuten Diskussion einer ursächlichen Rolle von Virusinfektionen bei der ALS. In der genannten Publikation wurde von 7 Patienten berichtet, die an der Immunschwächekrankheit AIDS erkrankt waren und zugleich motorische Symptome mit Ähnlichkeiten zur ALS aufwiesen.
Damit wurde erneut gezeigt, dass eine virale Infektion prinzipiell zu einer motorischen Erkrankung führen kann. Diese Befunde haben jedoch erhebliche Einschränkungen, die eine unkritische Übertragung der Virushypothese auf die ALS nicht gestattet. So verläuft die motorische Erkrankung im Rahmen von AIDS wesentlich rascher als bei der typischen Form der ALS.
Gleichzeitig führt die spezifische Therapie gegen die HIV-Infektion zu einer Verminderung und teilweisen Rückläufigkeit der motorischen Symptome – ein Merkmal das für die typische ALS bisher nicht beschrieben wurde. Durch die Umkehrbarkeit der motorischen Symptome bei AIDS ist von einer Funktionsstörung der motorischen Nervenzellen auszugehen. Bei der ALS finden wir eine andere Situation vor, die durch einen langsamen Untergang und schließlich Verlust von motorischen Neuronen gekennzeichnet ist. Insgesamt liegen derzeit keine Hinweise vor, dass die typische Form der ALS durch Infektionen mit dem HI- Virus oder andere Viren verursacht wird.
Demzufolge ist der Einsatz von antiviralen Medikamenten außerhalb von kontrollierten klinischen Studien nicht gerechtfertigt.