In Kooperation mit einem Sonderforschungsbereich in der neurologischen Klinik der Charité wird eine Untersuchungsserie durchgeführt, bei der die räumliche Orientierungsfähigkeit von ALS-Patienten analysiert wird.
In diesem Projekt der Gehirnforschung wird untersucht, ob bei der ALS auch Hirnstrukturen beteiligt sind (zum Beispiel der Hippocampus), die keinen unmittelbaren Bezug zum motorischen Nervensystem aufweisen. Die Klärung dieser Forschungsfrage ist für das grundsätzliche Verständnis für den Krankheitsmechanismus der ALS von Bedeutung. Zugleich ist diese Untersuchung von „praktischer“ Relevanz. Bei einem Teil der ALS-Patienten wird vermutet, dass (neben den motorischen Defiziten) bestimmte Einschränkungen in der Planung und Durchführung von gerichteten Handlungen besteht (dysexekutives Syndrom). Die Unterscheidung zwischen den motorischen Einschränkungen, die sich aus Schwäche oder Spastik der Arme und Beine ergibt, und kognitiven Einschränkungen ist komplex. Insbesondere bei Patienten mit hochgradigen Lähmungen ist diese Unterscheidung nur durch spezielle Untersuchungsverfahren möglich. In dem aktuellen Forschungsvorhaben wird eine Methode der „Virtualisierung“ verwendet. Dabei werden Patienten eingeladen, mit Hilfe einer Computersteuerung (Joystick) auf einem Bildschirm den Weg durch ein Labyrinth zu finden und einen virtuellen „Schatz“ zu finden. Der Weg des Patienten durch das virtuelle Labyrinth wird im Bezug auf die räumliche Gedächtnisleistung, die Handlungseffektivität und die Geschwindigkeit der kognitiven Verarbeitung ausgewertet. Aus Perspektive der ALS-Behandlung wird durch diese Analyse geklärt, wie häufig die Einschränkung der räumlichen Orientierung bei der ALS vorliegt. Bei Patienten mit einer räumlichen Orientierungsstörung wäre es erforderlich (und möglich) eine besondere Steuerung für Rollstühle und Kommunikationssysteme zu installieren, die vereinfachte Bedienelemente aufweisen. Mit den Ergebnissen der Forschung ist Mitte 2020 zu rechnen. Die Forschungsergebnisse werden durch wissenschaftliche Publikationen, Präsentationen in Fachgesellschaften und über medizinische Plattformen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Autor: Prof. Dr. Thomas Meyer