
Der Progressionsmarker Neurofilament (NfL) und die ALS-Funktionsskala (ALSFRS-R) sind etablierte Prognosefaktoren bei der ALS. So ist ein stark erhöhter NfL-Wert mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einer schnelleren Progression verbunden, während sehr geringe NfL-Werte einen aggressiven Verlauf der ALS unwahrscheinlicher machen. Auch aus der monatlichen Veränderung der ALSFRS-R lassen sich prognostische Hinweise zur Progression ableiten. Aufgrund der prognostischen Bedeutung beider Parameter stellte sich die Frage, inwieweit die Kenntnis von NfL und ALSFRS-R von den Betroffenen selbst als ein Nutzen oder als eine Belastung betrachtet wird. Diese Fragestellung erhält eine zunehmende Relevanz, da ein Teil der ALS-Patienten über die ALS-App einen direkten Zugang zu ihren persönlichen NfL-Werten erhält. Weiterhin werden alle Nutzer der ALS-App eingeladen, eine monatliche Selbstbewertung der selbsterklärenden ALSFRS-R-SE vorzunehmen. Diese offene Frage nach dem Nutzen oder der möglichen Belastung durch die Informationen zu NfL und der ALSFRS-R wird in unserer aktuellen Publikation in der Zeitschrift „Neurological Research and Practice“ thematisiert.
Methode der Studie:
- Prospektive systematische Befragung von 149 Patienten, davon
- 67 Patienten mit Informationen von NfL über die ALS-App
- 92 Patienten mit Selbstbewertung über die ALS-App
Wesentliche Ergebnisse:
- Die Informationen über den persönlichen NfL-Wert und die ALSFRS-R-Skala wurde als relevant für die Patienten selbst (75,2 % und 77,2 %) und für die Forschung (98 % und 96 %) angesehen
- Der Net Promotor Score (NPS) zeigte eine hohe Empfehlungsrate für NfL (+ 21) und ALSFRS-R (+ 26)
- Nur eine Minderheit der Patienten empfand die Informationen zu NfL als belastend
- die Belastung bei der ärztlichen Mitteilung des NfL-Wertes (n = 1, 4,2 %) war signifikant seltener als bei Mitteilung über die ALS-App (n = 8, 12 %; p = 0,015)
- die Selbstbewertung der ALSFRS-R über die ALS-App wurde zu 90,2 % als nicht belastend und von den verbleibenden 9,8 % (n = 9) der Teilnehmer als belastend erlebt
Schlussfolgerung:
Diese Studie unterstrich den Nutzen von Informationen über den persönlichen NfL-Wert und der ALSFRS-R-Skala aus der Patienten-Perspektive. Darüber hinaus betrachteten fast alle Patienten ihre eigenen Daten als bedeutsam für die ALS-Forschung. Insgesamt wurde die Kenntnisgabe der NfL-Werte und der ALSFRS-R-Skala selten als Belastung empfunden – selbst bei einer Informationsübergabe über die ALS-App. Diese Ergebnisse unterstützen das patientenzentrierte Konzept, die prognostischen Informationen von NfL und ALSFRS-R zu teilen.
Referenz:
Möhwald, L. M., Maier, A., Grehl, T., Weyen, U., Weydt, P., Günther, R., Lingor, P., Göricke, B., Petri, S., Grosskreutz, J., Boentert, M., Cordts, I., Weishaupt, J. H., Dorst, J., Münch, C., Meyer, T., & Baum, P. (2025). Shared prognostic information in amyotrophic lateral sclerosis – systematic assessment of the patients‘ perception of neurofilament light chain and the ALS functional rating scale. Neurological research and practice, 7(1), 6. https://doi.org/10.1186/s42466-024-00363-y
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