Das Medikament Pegcetacoplan (APL-2) des pharmazeutischen Unternehmens Apellis Pharmaceuticals, Inc. (USA) ist ein neuartiger C3-Komplement-Inhibitor, der entzündungshemmende Eigenschaften aufweist.
Experimentelle Untersuchungen konnten zuvor eine erhöhte Aktivität des Komplementfaktors C3 an der neuromuskulären Endplatte feststellen. Komplementfaktoren sind neben Immunzellen und Antikörpern ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Immunsystems (auch „Komplement-System“ genannt). Eine Erhöhung von Komplementfaktoren kann durch Autoimmunprozesse entstehen. Die neuromuskuläre Endplatte stellt die Verbindung zwischen der Nervenendigung und der Muskulatur dar. Die Rolle der neuromuskulären Endplatte bei der ALS ist bisher unzureichend untersucht.
Eine Studie zur Verträglichkeit und in Bezug auf eine mögliche Verlangsamung des Krankheitsverlaufes und Verlängerung des Überlebens durch Pegcetacoplan wird in einer Phase 2-Studie in den USA und Europa realisiert. Die Studie unter der Bezeichnung „MERIDIAN-Studie“ wird an der ALS-Ambulanz der Charité (Berlin) sowie weiteren Studienzentren in Deutschland durchgeführt.
Bei der MERIDIAN-Studie wird eine subkutane Form von Pegcetacoplan verwendet („subkutan“ bedeutet Injektion unter die Haut). Die Untersuchung von Pegcetacoplan wird im Vergleich zu Placebo durchgeführt. Die Studienteilnehmer verabreichen sich Pegcetacoplan („Verum-Gruppe“) oder ein-Placebo-Präparat („Placebo-Gruppe“) ein. Zusätzlich wird das ALS-Basismedikament Riluzol eingenommen. Die Studienmedikation wird zweimal pro Woche mit einer feinen Nadel unter die Haut gespritzt (Selbstinjektion oder durch geschulte Angehörige). Dazu wird zuvor eine entsprechende Schulung vorgenommen. In der gesamten Studie (in allen Ländern zusammen) ist die Teilnahme von 228 Patientinnen und Patienten vorgesehen. Dabei erhalten zwei Drittel der Teilnehmer das Verum-Präparat, während ein Drittel mit einem Placebo behandelt wird. Das Verhältnis von Verum und Placebo beträgt 2:1.
Die Studienteilnahme umfasst 5-6 ambulante Termine, die in einem Zeitraum von 52 Wochen realisiert werden (Termine zum Screening und Studienstart sowie Kontrolltermine, gefolgt von Studienterminen alle 12 Wochen). Ein Teil der Studienvisiten wird mit den „regulären“ Visiten in der ALS-Ambulanz kombiniert, um die logistischen Aufwendungen der Studienteilnahme zu reduzieren (insbesondere die Studientermine im Abstand von 12 Wochen). Zusätzlich sind Telefonvisiten oder Online-Erhebungen vorgesehen. Nach Ablauf der placebo-kontrollierten Studienphase folgt eine Umstellung aller Teilnehmer auf Pegcetacoplan („offene“ Erweiterungsstudie über weitere 52 Wochen)
Die Teilnahme von Menschen mit ALS an der klinischen Studie ist an medizinisch-definierte Einschluss- und Ausschlusskriterien gebunden (u.a. Erkrankungsdauer von höchstens 72 Wochen seit Symptombeginn; Vitalkapazität von mindestens 60 %). Diese Kriterien werden während einer Ambulanzvisite überprüft.
Eine Besonderheit bei dieser Studie besteht darin, dass die Impfung gegen folgende Erreger vor Teilnahme an der Studie notwendig ist: Streptococcus pneumoniae, Neisseria meningitidis (Typ A, C, W, Y und B und Haemophilus influenzae (Typ B). Die Impfungen werden notwendig, da das Medikament zu einer Beeinflussung des Immunsystems führt. Die Impfungen stellen eine Sicherheitsmaßnahme dar, um das Risiko an einer Infektion mit den genannten Erregern zu reduzieren.
Bei Vorliegen der medizinischen Teilnahmevoraussetzungen werden Patienten bezüglich einer möglichen Studienteilnahme angesprochen. Fragen für eine Teilnahme an der MERIDIAN-Studie in der ALS-Ambulanz der Charité in Berlin sind an die Studienkoordinatorin zu richten: [email protected].
Autor: Thomas Meyer