In der klinischen Forschung der ALS-Ambulanz der Charité wird durch Unterstützung der Boris Canessa ALS Stiftung ein Forschungsprogramm zum Biomarker Neurofilament Light Chain (NfL, Neurofilament leichte Kette) durchgeführt. Diese Studie beruht auf der Erkenntnis, dass bei ALS-Patienten eine erhöhte Konzentration des Moleküls NfL im Liquor („Nervenwasser“) und im Blut (Blutserum) vorliegt.
Trotz dieser grundsätzlichen Erkenntnis sind zahlreiche Forschungsfragen ungeklärt. Dabei ist die Korrelation der NfL-Serumkonzentration zum Krankheitsverlauf, zur Progressionsrate und zu spezifischen Verlaufsformen der ALS noch unzureichend untersucht. Eine weitere zentrale Forschungsfrage ist die Eignung von NfL für die Identifikation der therapeutischen Wirksamkeit von Medikamenten und anderen Behandlungsverfahren im Sinne eines therapeutischen Markers. Die Aufklärung der Nutzbarkeit von NfL als Therapiemarker erhält eine besondere Bedeutung, da sich innovative Medikamente in Entwicklung befinden, deren therapeutisches Potenzial durch geeignete Biomarker schneller als in den bisherigen Studienmethoden nachgewiesen werden soll.
Welcher Aufwand ist mit der Studienteilnahme verbunden?
Die Studie besteht aus einer Datenerhebung und der Entnahme einer Blutprobe. Die meisten Studiendaten (z. B. Erkrankungsbeginn, Verlaufsform der ALS) werden im Rahmen der regulären Behandlung erfasst und müssen nicht gesondert erhoben werden. Neben diesen klinischen Daten ist die Erhebung der ALS-Funktionsskala (ALS-FRS) ein wichtiger Parameter. Zu diesem Zweck ist eine Befragung von 12 Fragen der ALS-FRS notwendig. Die Befragung erfolgt durch den Studienarzt oder durch eine Studienassistentin („Study Nurse). Für die Analyse der NfL-Serumkonzentration wird eine Blutentnahme (10 ml) aus der Vene notwendig, die ebenfalls durch medizinisches Fachpersonal entnommen wird.
In welchem Abstand wird die NfL-Analyse vorgenommen?
Der NfL-Wert im Blut ist nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen recht stabil, so dass eine Veränderung der Serumkonzentration erst im Verlauf mehrere Monate zu erwarten ist. Daher beträgt der Abstand zwischen den NfL-Erhebungen mindestens 5 Monate. Bei einem Abstand zwischen den regulären Ambulanztermine von 3-4 Monaten würde die NfL-Analyse (und dazu notwendige Blutentnahme) bei jedem zweiten Ambulanztermin stattfinden.
Wie lange wird die Studie durchgeführt?
Das Vorhaben ist für 3 Jahre konzipiert und von der Ethikkommission der Charité mit einem positiven Votum bis Dezember 2023 unterstützt worden. Sollte nach einem Ablauf von drei Jahren noch Forschungsfragen offen sein, würde eine Verlängerung der Studie beantragt werden.
Wie erfolgt die NfL-Analyse?
Die Bestimmung das NfL-Blutwerte es ist ein aufwendiges Verfahren, das mit einem molekularbiologischen Analysegerät (SIMOA, Single Molecule Analysis) technisch umgesetzt wird. Die SIMOA-Methode und das technische Verfahren der NfL-Analyse werden in einem kurzen Film erläutert. Die Analyse wird nicht täglich oder wöchentlich, sondern im Abstand von mehreren Wochen an der Charité durchgeführt. Daher ist keine unmittelbare Mitteilung des NfL-Wertes möglich.
Wird das NfL-Analyse-Ergebnis mitgeteilt?
Die Bestimmung der NfL-Serumkonzentration ist noch kein „Routineverfahren“ und im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie zu betrachten. Daher wird das Ergebnis der NfL-Analyse nicht unaufgefordert mitgeteilt. Allerdings kann auf Wunsch des Patienten das Ergebnis im Rahmen des regulären ambulanten Termins mitgeteilt und erläutert werden.
Wie ist der NfL-Wert zu bewerten?
Durch den wissenschaftlichen und experimentellen Charakter der NfL-Analyse ist eine Interpretation der NfL-Serumkonzentration komplex und nur mit Einschränkungen möglich. Daher ist eine alleinige Mitteilung des Wertes (per E-Mail oder Telefon) nicht sinnvoll. Bei der Interpretation des NfL-Wertes ist zu berücksichtigen, dass Rückschlüsse vom Analyseergebnis auf den individuellen ALS-Verlauf nur mit Einschränkungen möglich sind. Die Limitationen sind durch die noch begrenzte Erfahrung mit dem NfL-Wert und zahlreiche offene Forschungsfragen begründet (zur Klärung dieser Fragen wird die Studie durchgeführt). Weiterhin ist zu betonen, dass die individuelle Prognoseabschätzung die Berücksichtigung mehrerer prognostischer Parameter (gegenwärtige Erkrankungsschwere, Progressionsrate, Atemkapazität, Hustenkraft, Körpergewicht, und anderer Faktoren) im Rahmen einer persönlichen ärztlichen Beratung erfordert.
Wird die NfL-Studie ausschließlich an der Charité durchgeführt?
Die NfL-Studie wird an mehreren ALS-Ambulanzen in Deutschland angeboten. Die Charité übernimmt die Bereitstellung der NfL-Analyse sowie die Studienorganisation. An den teilnehmenden ALS-Ambulanzen werden die notwendigen Daten erhoben und Blutproben abgenommen. Zur Durchführung der NfL-Analyse werden die Blutproben nach Berlin versendet und dort mit dem SIMOA-Gerät analysiert. Die Studienergebnisse werden über eine verschlüsselte Studiensoftware den teilnehmenden Ambulanzen mitgeteilt. Die folgenden ALS-Ambulanzen nehmen an der Studie teil:
- Berlin: Charité – Universitätsmedizin Berlin, Ambulanz für ALS und andere Motoneuronerkrankungen
- Bochum: Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH, Neurologische Klinik, Ambulanz für ALS
- Bonn: Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Neurodegenerative Erkrankungen und Gerontopsychiatrie, Motoneuronambulanz
- Dresden: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden – Ambulanz für Motoneuronerkrankungen
- Essen: Alfried Krupp Krankenhaus, ALS-Ambulanz
- Göttingen: Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Neurologie, Spezialambulanz für Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
- Hannover: Medizinische Hochschule Hannover, Neurologische Klinik, ALS- und Muskelambulanz
- Jena: Universitätsklinikum Jena, Hans-Berger-Klinik für Neurologie, Ambulanz für neuromuskuläre und Motoneuron-Erkrankungen
- Leipzig: Universitätsklinikum Leipzig, Poliklinik für Neurologie
- München: Klinikum rechts der Isar, Poliklinik für Neurologie, Ambulanz für Motoneuronerkrankungen
- Rostock: Universitätsmedizin Rostock, Neurologische Poliklinik, Ambulanz für Motoneuronerkrankungen/ALS
- Ulm: Universitätsklinikum Ulm, Neurologische Hochschulambulanz, ALS-Ambulanz
Bei der Teilnahme von ALS-Ambulanzen an der NfL-Studie ist zu berücksichtigen, dass die genannten ALS-Ambulanzen zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Studie beitreten. Der Eintritt von neuen Studienzentren wird auf unseren Internetseiten („Nachrichten“-Rubrik) veröffentlicht.
Warum ist die parallele Teilnahme an der Ambulanzpartner-Registerstudie sinnvoll?
Die Ambulanzpartner-Registerstudie ist eine von der NfL-Studie unabhängige Beobachtungsstudie bei der ALS. Bei der Registerstudie die Behandlungsdaten im Verlauf der ALS-Versorgung systematisch erfasst. Eine kombinierte wissenschaftliche Auswertung der NfL-Analysewerte mit den Behandlungsdaten (zum Beispiel der Beatmungsversorgung und Ernährungstherapie) ist dabei von besonderer Bedeutung. So liegen bereits wissenschaftliche Daten aus dem ALS-Zentrum der Universität Ulm vor, dass die Ernährungstherapie einen positiven Effekt auf den NfL-Wert einnehmen kann (LINK zur Studie). Die bisherigen Daten sind noch begrenzt, so dass die Untersuchung in einer größeren Patientengruppe von Interesse ist. Die Verknüpfung der NfL-Studie mit der Ambulanzpartner-Registerstudie kann zur Klärung dieser offenen Frage beitragen. In einer weiteren wissenschaftlichen Hypothese ist denkbar, dass eine effektive Beatmungstherapie zu einer Verminderung der Neurodegeneration beitragen kann. In dieser bisher unbearbeiteten Hypothese würde die Beatmungstherapie zu einer Verminderung der NfL-Serumkonzentration führen. Auch diese Frage kann durch eine kombinierte Auswertung der NfL-Studie sowie der Registerstudie adressiert werden. Zu betonen ist, dass die NfL-Studie sowie die Ambulanzpartner-Registerstudie voneinander unabhängige Studien darstellen. Für beide Studien liegen separate Patienteninformationen und Einwilligungserklärungen vor (siehe unten: „Über die Ambulanzpartner-Registerstudie“).
Warum ist die parallele Teilnahme am ALS-Apothekenprogramm sinnvoll?
Das ALS-Apothekenprogramm ist ein von der NfL-Studie unabhängiges Konzept der spezialisierten Medikamentenversorgung bei der ALS. Im Rahmen des ALS-Apothekenprogramms werden die Medikationsdaten im Verlauf der ALS-Behandlung über das Ambulanzpartner-Versorgungsportal systematisch erfasst. Eine kombinierte wissenschaftliche Auswertung der NfL-Analysewerte mit den Medikationsdaten ist dabei von besonderer Bedeutung. So liegen bisher keine Informationen vor, ob das ALS – Basis Medikament Riluzol einen positiven Effekt auf den NfL-Wert aufweist. Die Verknüpfung der NfL-Studie mit dem ALS-Apothekenprogramm kann zur Klärung dieser offenen Frage beitragen. In einer weiteren wissenschaftlichen Hypothese ist denkbar, dass bestimmte Medikamente zu einer Verminderung der Neurodegeneration beitragen können. In dieser bisher unbearbeiteten Hypothese verfügen cannabishaltige Medikamente über neuroprotektive Eigenschaften (zur Studie 1 und zur Studie 2). Entsprechend dieser Hypothese würde die Behandlung mit cannabishaltigen Medikamenten zu einer Verminderung der NfL-Serumkonzentration führen. Auch diese Frage kann durch eine kombinierte Auswertung der NfL-Studie mit dem ALS-Apothekenprogramm adressiert werden. Zu betonen ist, dass die NfL-Studie sowie das ALS-Apothekenprogramm voneinander unabhängig. Für beide Aktivitäten liegen separate Patienteninformationen und Einwilligungserklärungen vor (siehe unten: „Über das ALS-Apothekenprogramm“).
Warum ist die parallele Teilnahme an der „ALS App“ sinnvoll?
Die ALS-App ist eine von der NfL-Studie unabhängiges Konzept der Erhebung der ALS-Funktionsskala (ALS Functional Rating Scale, ALS-FRS) über eine „Smartphone App“. Im Rahmen der NfL-Studie werden die Werte der ALS-Funktionsskala zum Zeitpunkt der Ambulanzvisite und Blutentnahme (alle 5-6 Monate) erhoben. Die ALS-App bietet die Möglichkeit, dass die Patienten den ALS-FRS-Wert auch zwischen den Visiten, in einem Abstand von einem Monat, erheben und damit die Datenqualität noch weiter verbessern. Durch die häufigere Messung werden natürliche Schwankungen in der Erhebung der ALS-Funktionsskala ausgeglichen. Zu betonen ist, dass die NfL-Studie sowie die ALS-App voneinander unabhängig. Für beide Aktivitäten liegen separate Patienteninformationen und Einwilligungserklärungen vor (siehe unten: „Über die ALS-App“).
Wie erhalte ich weitere Informationen zur NfL-Studie?
Über die Abläufe der Studie informiert eine schriftliche Studieninformation. Zusätzlich ist die Klärung offener Fragen durch eine Studienärztin und Studienkoordinatorin möglich. Die Studienteilnahme setzt ein informiertes Einverständnis und die vorausgegangene Klärung offener Fragen voraus.
Fragen zu Möglichkeiten der Teilnahme sind zu richten an:
Mail: [email protected]
Telefon: 030-450- 560028
Link zur Patienteninformation und Einwilligungserklärung der NfL-Studie:
Über Neurofilament Light Chain (NfL):
Das Protein Neurofilament Light Chain (NfL) ist durch spezielle Analysemethoden im Blutserum und Liquor (Nervenwasser) nachweisbar. Bei mehr als 80 % der ALS-Patienten zeigt sich eine Erhöhung der Serum- oder Liquorkonzentration von NfL. Die Erhöhung betrifft insbesondere Patienten, die eine deutliche Beteiligung des ersten motorischen Neurons oder eine mittlere oder höhere Progressionsrate aufweisen. Trotz dieser Korrelation ist der Rückschluss von einem erhöhten NfL-Wert auf die Diagnose und Prognose einer ALS nicht zulässig. Dabei ist zu bedenken, dass NfL auch bei zahlreichen anderen neurologischen Erkrankungen (Demenz, Multiple Sklerose, Parkinson-Erkrankung, etc.), aber auch durch den regulären Alterungsprozess nachweisbar ist. Allerdings ist bei der ALS – im Vergleich zu vielen anderen neurologischen Erkrankungen – die Konzentration stärker erhöht. Aufgrund der eingeschränkten Spezifität von NfL und zahlreicher offener Forschungsfragen ist eine fachkundige ärztliche Interpretation der Befunde unabdingbar.
Über die Boris Canessa ALS Stiftung (Förderung der NfL-Studie)
Die Studie wird durch eine bedeutsame Spende durch die Boris Canessa ALS Stiftung ermöglicht. Die Förderung betrifft die Anschaffung und das Betreiben des SIMOA-Analysegerätes (HD-X, Quanterix Inc., USA), die Beschaffung der NfL-Test-Kits, die personelle Ausstattung des Analyseteams sowie des Projektmanagements und eine Projektförderung für mehrere ALS-Zentren in Deutschland. Die Förderung umfasst einen Projektzeitraum von drei Jahren, in denen der Studieneinschluss von 1.500 Patienten und die Durchführung von 9.000 NfL-Analysen ermöglicht wird.
Über die Ambulanzpartner-Registerstudie (optionale Teilnahme parallel zur NfL-Studie):
Die Ambulanzpartner-Registerstudie ist eine von der NfL-Studie unabhängige Beobachtungsstudie bei der ALS, in der Behandlungsdaten der ALS-Versorgung systematisch erfasst werden (Beatmungstherapie, Ernährungstherapie und Hilfsmittelversorgung). Eine kombinierte wissenschaftliche Auswertung der NfL-Analysewerte mit den Behandlungsdaten (insbesondere der Ernährungs- und Beatmungstherapie) ist dabei von besonderem Interesse. Zur Teilnahme an der Registerstudie ist die Kenntnisnahme einer Studieninformation und die Unterzeichnung von zwei Dokumenten notwendig (Einwilligungserklärung in Registerstudie sowie an die Nutzung von Daten, die über die Ambulanzpartner-Plattform erhoben werden).
Link zu Dokumenten der Ambulanzpartner-Registerstudie
Link zur Datennutzung der Ambulanzpartner-Plattform
Über das ALS-Apothekenprogramm (optionale Teilnahme parallel zur NfL-Studie):
Das ALS-Apothekenprogramm ist eine von der NfL-Studie unabhängiges Konzept der spezialisierten Medikamentenversorgung bei der ALS, in dem Medikationsdaten im Verlauf der ALS-Behandlung über das Ambulanzpartner-Versorgungsportal systematisch erfasst werden. Eine kombinierte wissenschaftliche Auswertung der NfL-Analysewerte mit den Medikationsdaten ist dabei von besonderem Interesse. Zur Teilnahme am ALS-Apothekenprogramm ist die Unterzeichnung von 4 Dokumenten notwendig.
Link zu Dokumenten des ALS-Apothekenprogramms
Über die „ALS-App“ (optionale Teilnahme parallel zur NfL-Studie):
Die ALS-App ist eine von der NfL-Studie unabhängiges Konzept der Erhebung der ALS-Funktionsskala (ALS Functional Rating Scale, ALS-FRS) über eine „Smartphone App“, die eine Erhebung der ALS-FRS-Werte über ein „Smartphone“ auch zwischen den Visiten, in einem Abstand von einem Monat, erlaubt. Eine kombinierte Erhebung der ALS-FRS-Werte in der NfL-Studie (Im Abstand von 5-6 Monaten) und über die ALS-App (im Abstand von 1 Monat) ist dabei von besonderem Interesse. Die Teilnahme an der ALS-App setzt ist Einwilligung in die Datennutzung der Ambulanzpartner-Plattform damit die Unterzeichnung von 1 Dokument voraus.
Link zur Broschüre: „ALS-App“:
Link zur Datennutzung der Ambulanzpartner-Plattform: LINK EINFÜGEN: Teilnahme an Ambulanzpartner-Plattform (V5.1)