Das japanische Arzneimittelunternehmen „Mitsubishi Tanabe Pharma“ hat ein neues Medikament gegen die ALS zugelassen. Das Medikament Radicut war unter dem Namen MCI-186 in klinischen Studien getestet worden. Pharmakologisch handelt es sich um die Substanz Edaravone. Dieses Medikament ist ein Antioxidantium. Darunter ist die Verminderung von freien Sauerstoffradikalen zu verstehen. Sauerstoffradikale sind Abkömmlinge des Sauerstoffs, die über toxische Eigenschaften verfügen können. Freie Radikale entstehen durch körpereigene Stoffwechselprozesse und werden durch spezifische Moleküle abgebaut („Radikalfänger“). Eine lang bestehende Arbeitshypothese bei der ALS besteht darin, dass freie Radikale im ALS-Krankheitsprozess überschüssig auftreten können.
Die Zulassungsbehörden für Arzneimittel in Japan haben am 26.06.2015 das Medikament Radicut (Edaravone) ausschließlich für Japan zugelassen. In anderen Ländern ist das Medikament nicht verfügbar. Bisher ist unklar, ob Mitsubishi Tanabe eine Zulassung für andere Länder anstrebt, so auch in Deutschland. Radicut ist ein Medikament, das durch eine intravenöse Infusion appliziert wird. Ein niederländisches Unternehmen (Treeway) hat im Frühjahr 2015 angekündigt eine orale Medikation der Substanz zu entwickeln. Daher ist davon auszugehen, dass Treeway eine klinische Studie für die Untersuchung der Wirksamkeit eines oralen Medikamentes vorbereiten wird. Details zur Organisation und Finanzierung der Studie liegen noch nicht vor.
Unter der Bezeichnung MCI-186 wurden die Ergebnisse einer Phase 2-Studie im August 2014 veröffentlicht. In dieser Studie stand die Sicherheit und Verträglichkeit der Substanz im Vordergrund. Aufgrund der geringen Patientenzahl konnte noch keine abschließende Aussage über die Wirksamkeit getätigt werden. An der Studie nahmen 206 ALS-Patienten teil, wobei 102 Patienten Edaravone erhielten und weitere 104 Patienten ein Plazebo-Medikament. Nach einer Behandlungszeit von 24 Wochen zeigte sich ein diskreter Trent für eine geringere Progressionsrate in der Edaravone-Gruppe im Vergleich zur Plazebogruppe. Diese Ergebnisse erreichten noch keine statistische Signifikanz. Auf Basis dieser Ergebnisse wurde eine Phase 3-Studie mit dem Ziel eines Wirksamkeitsnachweises durchgeführt. Die Studie wurde im Oktober 2014 abgeschlossen. Die Ergebnisse sind jedoch nicht öffentlich. In der Presseerklärung vom 26.06.2015 wird vom Unternehmen Mitsubishi Tanabe Pharma auf mehrere Studien verwiesen, die eine Verlangsamung der Erkrankung gezeigt haben. Auf die Ergebnisse der Phase 3-Studie wird nicht explizit eingegangen.
Die Entwicklung von Radicut in Japan ist sehr spannend und zugleich mit Unsicherheiten versehen. So ist bisher unklar, wie hoch der therapeutische Effekt einzuschätzen ist, da die Daten der Phase 3-Studie nicht veröffentlicht wurden. Auch ist unbekannt, wann das Medikament in der jetzigen Darreichungsform außerhalb von Japan verfügbar gemacht wird. Die bisherige Darreichungsform ist recht aufwendig, da das Medikament an 14 nachfolgenden Tagen intravenös infundiert wird; gefolgt von weiteren 14 Tagen ohne Medikamentengabe. Vor diesem Hintergrund ist die Weiterentwicklung zu einer oralen Medikation sehr wichtig, aber der Zeitplan für die Studie noch unklar. Mit Vorliegen weitere Informationen werde ich über den Fortgang berichten. Wir streben eine Teilnahme an der oralen Medikationsstudie an. tm
Nachfolgend finden Sie relevante Links zur Datenlage von Radicut:
Pressemitteilung von Mitsubishi Tanabe Pharma
Ergebnisse der Phase 2-Studie, publiziert in der Zeitschrift „ALS“
Registrierung der Phase 3-Studie (ohne Ergebnismitteilung)
Internetseite des Biotech-Unternehemns Treeway, das beabsichtigt, eine orale Darreichungsform der Substanz Edaravone zu entwickeln