Am 11.12.2007 wurde an der Charite erstmalig in Europa ein Zwerchfellschrittmacher bei der ALS implantiert. Die Operation wurde bei zwei Patienten in Kooperation der ALS-Ambulanz, der Klinik für Abdominalchirurgie sowie der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Charité realisiert. Die operative Methode der Zwerchfellschrittmacherimplantation und der Stimulationsprozess konnten erfolgreich etabliert werden. Die Operation wurde von einem spezialisierten Operateur für minimal-invasive Chirurgie durchgeführt. Während der Operation war der Entwickler der Methode, Dr Raymond Onders von der Universitätsklinik Cleveland (USA), sowie mehrere Mitarbeiter des Geräteherstellers vor Ort, um die erstmalige Implantation eines Zwerchfellschrittmachers durch Ratschläge und Beratung zu unterstützen. Die Operation verlief komplikationslos. Der neurologische Stimulationsprozess während und nach der Operation sowie die spezialisierte Betreuung der Schrittmacherpatienten erfolgt durch die ALS-Ambulanz der Charité.
Der Zwerchfellschrittmacher dient der direkten Stimulation des Diaphragmas (Zwerchfell). Die direkte Diaphragmastimulation (DDS) ist ein innovatives und derzeit experimentelles Verfahren bei der ALS, um dem unerwünschten Muskelschwund (Atrophie) des Diaphragmas entgegen zu wirken. Die DDS erfolgte durch einen minimal-chirurgischen Einriff, bei der endoskopisch („Schlüssellochtechnologie“) eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) vorgenommen wird, in der an der Unterseite des Diaphragmas insgesamt 4 Stimulationselektroden chirurgisch befestigt werden. Die Stimulationselektroden sind jeweils mit einem speziellen Kabel versehen, die durch einen minimalen Bauchschnitt nach außen gelangen und mit einer Stimulatoreinheit verbunden werden. Mit der DDS wird eine elektrische Stimulation und Kontraktion des Zwerchfells erreicht. Die stimulationsbedingte Muskelaktivität des Diaphragmas kann bei wiederholter Anwendung die fortschreitende Zwerchfellatrophie reduzieren und die Belüftung unterversorgter Lungenareale verbessern. Ein Ziel der DDS besteht darin, den Zeitpunkt einer erforderlichen Maskenbeatmung oder künstlichen Ventilation zu verzögern. Die therapeutische Wirksamkeit der DDS geht auf Einzelfallberichte bei ALS-Patienten in den USA zurück, deren Atemfunktionsstörung sich durch die DDS reduzierte. Die tatsächliche Effektivität der DDS bei der ALS ist noch unbekannt und Gegenstand einer ersten Studie in den USA. Ergebnisse der Studie sind nicht vor Ende 2008 zu erwarten.
Die medizinischen und administrativen Vorbereitungen sind komplex sowie personal- und kostenintensiv. Das Verfahren ist in Europa bisher nicht etabliert und soll in Pilotvorhaben in Berlin und Paris in Einzelfällen Anwendung finden. Derzeit haben an der Charité Budgetverhandlungen mit den Kostenträgern begonnen, um im Verlauf des Jahres 2008 weitere 20 Patienten mit einer DDS zu versorgen. Die bisherige Finanzierung des abgeschlossenen Pilotvorhabens erfolgte überwiegend aus Spendenmitteln zugunsten der ALS-Ambulanz der Charité.