Der amerikanische Neurologe Benjamin Brooks an der Universität von Wisconsin hat einen Zwischenbericht zu einer klinischen Studie mit Tamoxifen bei der ALS vorgelegt. Es handelt sich um einen Kongressbericht und eine persönliche Mitteilung, während bisher keine wissenschaftliche Publikation zur Tamoxifen-Studie vorliegt. Insgesamt 60 Patienten werden in 5 Gruppen mit unterschiedlichen Tamoxifen-Dosierungen behandelt. Die Überlebenswahrscheinlichkeit und der ALS-Schweregrad werden untersucht. In einer Zwischenauswertung nach 12 Monaten konnte kein statistisch-signifikanter Unterschied der untersuchten Parameter festgestellt werden. Ein Trend zu einer geringeren Progressionsrate war für die höheren Tamoxifen-Dosen von 20 mg, 30 mg und 40 mg erkennbar.
Dr. Brooks betont, dass auf Grundlage der vorliegenden Daten keine generelle Empfehlung für eine Tamoxifen- Behandlung vorliegt. Diese Studie zielt darauf ab, die Planung für eine Wirksamkeitsstudie zu optimieren, die eine Teilnahme von mehr als 200 Patienten in einem Studienzeitraum von 2 Jahren erfordert. Tamoxifen ist ein etabliertes Medikament in der Behandlung des Brustkrebses (Mamma-CA). Durch Veränderung der Östrogen-Hormon-Rezeptoren auf Tumorzellen des Mamma-CA kann eine Metastasierung verringert werden. Für die ALS-Therapieforschung wurde Tamoxifen interessant, da Dr. Brooks einzelne ALS-Patienten diagnostiziert hat, die zuvor an einem Mamma-CA erkrankt und mit Tamoxifen behandelt waren. Die Tamoxifen-therapierten ALS-Patientinnen wiesen einen langsameren ALS-Krankheitsverlauf als andere Patienten auf. Die Beobachtung starker Geschlechtsunterschiede spezifischer Varianten der ALS hat den Einfluss hormoneller Faktoren wiederholt zur Diskussion gebracht. So tritt eine Sonderform der ALS mit einer vordergründigen Lähmung beider Schultern und Aussparung der Beine (Bernhard-Vulpian-Variante der ALS) im Verhältnis 9:1 bei Männern und Frauen auf. Die exakte Ursache der geschlechtsabhängigen Häufigkeit dieser ALS-Verlaufsform ist bisher unverstanden. Die typische Form der ALS ist nach dem heutigen Kenntnisstand nicht durch eine Störung der Geschlechtshormone verursacht. Eine unkontrollierte Behandlung mit Hormonen ist daher in keinem Fall sinnvoll.