Das Protein Neurofilament Light Chain (NfL) ist ein wichtiger Baustein im Aufbau von Nervenzellen (Neuronen) und deren Fortsätzen (Axonen) im Gehirn und Rückenmark sowie Nervensträngen des menschlichen Körpers. Bei einer Schädigung von Nervenzellen, so auch beim Abbau motorischer Neurone bei der ALS, kommt es zu einer Freisetzung von NfL in das „Nervenwasser“ (Liquor) und Blut (Serum). Durch spezielle Analysemethoden ist NfL im Blutserum und Liquor nachweisbar. Insbesondere bei ALS-Patienten mit einer mittleren oder höheren Progressionsrate zeigt sich eine Erhöhung der NfL-Konzentration. Trotz dieser grundsätzlichen Erkenntnis sind zahlreiche Forschungsfragen ungeklärt. So ist bisher unbekannt, wie sich die NfL-Konzentration im Verlauf der ALS verändert oder inwieweit bestimmte Varianten („Phänotypen“) der ALS mit einer NfL-Erhöhung (oder geringeren Werten) verbunden sind. Eine weitere Forschungsfrage berührt die Eignung von NfL für den raschen Nachweis einer Wirksamkeit von Medikamenten und anderen Behandlungsverfahren (NfL als „Therapiemarker“).
Zur Klärung der offenen Forschungsfragen und zur Errichtung einer zentralen NfL-Datenbank für klinische Forschung („ALS-NfL-Respository“) wird die NfL-ALS-Studie durchgeführt. Patientinnen und Patienten mit einer ALS werden zur Teilnahme an der Studie eingeladen.
Dabei gelten die folgenden Einschlusskriterien:
- Diagnose einer ALS (ICD-10, G12.2)
- Behandlung in einer ALS-Studienambulanz
- Nutzung der ALS-App zur Erhebung der ALS-Funktionsskala (ALSFRS-R-SE)
Die NfL-Studie wird an mehreren ALS-Ambulanzen in Deutschland als auch einer Ambulanz in Österreich durchgeführt. Die Charité übernimmt die NfL-Analyse sowie die Studienorganisation. An den teilnehmenden ALS-Ambulanzen werden die notwendigen Daten erhoben und Blutproben abgenommen. Zur Durchführung der NfL-Analyse werden die Blutproben nach Berlin versendet und dort mit dem SIMOA-Gerät analysiert. Die Studienergebnisse werden über eine verschlüsselte Studiensoftware den teilnehmenden Ambulanzen mitgeteilt. Weiterhin wird eine direkte Mitteilung der Ergebnisse über die ALS-App angeboten (optional).
Die folgenden ALS-Ambulanzen nehmen an der Studie teil:
- Berlin: Charité – Universitätsmedizin Berlin, Ambulanz für ALS und andere Motoneuronerkrankungen
- Bochum: Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil gGmbH, Neurologische Klinik, Ambulanz für ALS
- Bonn: Universitätsklinikum Bonn, Klinik und Poliklinik für Neurodegenerative Erkrankungen und Gerontopsychiatrie, Motoneuronambulanz
- Dresden: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden – Ambulanz für Motoneuronerkrankungen
- Essen: Alfried Krupp Krankenhaus, ALS-Ambulanz
- Göttingen: Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Neurologie, Spezialambulanz für Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)
- Hannover: Medizinische Hochschule Hannover, Neurologische Klinik, ALS- und Muskelambulanz
- Innsbruck: Medizinische Universitätsklinik für Neurologie, Sprechstunde Neuromuskuläre Erkrankungen
- Jena: Universitätsklinikum Jena, Hans-Berger-Klinik für Neurologie, Ambulanz für neuromuskuläre und Motoneuron-Erkrankungen
- Leipzig: Universitätsklinikum Leipzig, Poliklinik für Neurologie
- Mannheim: Universitätsmedizin Mannheim, Spezialambulanz für Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und andere Motoneuronerkrankungen
- Mannheim, Diako Mannheim, ALS-Sprechstunde
- München: Klinikum rechts der Isar, Poliklinik für Neurologie, Ambulanz für Motoneuronerkrankungen
- Münster: Universitätsklinikum Münster, Klinik für Neurologie mit Institut für Translationale Neurologie, Neuromuskuläres Zentrum
- Regensburg: Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Neurologie
- Rostock: Universitätsmedizin Rostock, Neurologische Poliklinik, Ambulanz für Motoneuronerkrankungen/ALS
- Ulm: Universitätsklinikum Ulm, Neurologische Hochschulambulanz, ALS-Ambulanz
Welcher Aufwand ist mit der Studienteilnahme verbunden?
Die Studie besteht aus einer Datenerhebung und der Entnahme einer Blutprobe. Für die Analyse der NfL-Serumkonzentration wird eine Blutentnahme (10 ml) aus der Vene notwendig. Die Studiendaten (z. B. Erkrankungsbeginn, Verlaufsform der ALS) werden im Rahmen der regulären Behandlung erfasst und müssen nicht gesondert erhoben werden. Neben diesen klinischen Daten ist die Erhebung der ALS-Funktionsskala (ALS-FRS) ein wichtiger Parameter. Zu diesem Zweck ist eine Befragung von 12 Fragen der ALS-FRS notwendig. Die Befragung erfolgt durch den Studienarzt oder durch eine Studienassistentin („Study Nurse). Zusätzlich werden alle Teilnehmer eingeladen, die Fragen der ALSFRS-R monatlich über die ALS-App zu benatworten.
In welchem Abstand wird die NfL-Analyse vorgenommen?
Der NfL-Wert im Blut ist nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen recht stabil, so dass eine Veränderung der Serumkonzentration erst im Verlauf mehrere Monate zu erwarten ist. Daher beträgt der Abstand zwischen den NfL-Erhebungen mindestens 5 Monate. Bei einem Abstand zwischen den regulären Ambulanztermine von 3-4 Monaten würde die NfL-Analyse (und dazu notwendige Blutentnahme) bei jedem zweiten Ambulanztermin stattfinden.
Wie erfolgt die NfL-Analyse?
Die Bestimmung das NfL-Blutwerte es ist ein aufwendiges Verfahren, das mit einem molekularbiologischen Analysegerät (SIMOA, Single Molecule Analysis) technisch umgesetzt wird. Die SIMOA-Methode und das technische Verfahren der NfL-Analyse werden in einem kurzen Film erläutert. Die Analyse wird nicht täglich oder wöchentlich, sondern im Abstand von mehreren Wochen an der Charité durchgeführt. Daher ist keine unmittelbare Mitteilung des NfL-Wertes möglich.
Warum ist die parallele Teilnahme an der „ALS App“ sinnvoll?
Über die ALS-App wird der NfL-Wert angezeigt und die Dokumentation des eigenen ALS-Verlaufes unterstützt. Das Ergebnis der NfL-Messung wird zumeist vor dem nächsten Ambulanztermin und damit schneller bereitgestellt. Die ALS-App ermöglicht weiterhin eine Erhebung der ALS-Funktionsskala (ALS Functional Rating Scale, ALSFRS-R-SE) von zu Hause. Im Rahmen der NfL-Studie werden die Werte der ALS-Funktionsskala zum Zeitpunkt der Ambulanzvisite und Blutentnahme (alle 5-6 Monate) erhoben. Die ALS-App bietet die Möglichkeit, dass die Patienten den ALS-FRS-Wert auch zwischen den Visiten, in einem Abstand von einem Monat, erheben und damit die Datenqualität noch weiter verbessern. Durch die häufigere Messung werden natürliche Schwankungen in der Erhebung der ALS-Funktionsskala ausgeglichen.
Wie erhalte ich weitere Informationen zur NfL-Studie?
Über die Abläufe der Studie informiert eine schriftliche Studieninformation. Zusätzlich ist die Klärung offener Fragen durch eine Studienärztin und Studienkoordinatorin möglich. Die Studienteilnahme setzt ein informiertes Einverständnis und die vorausgegangene Klärung offener Fragen voraus.
Fragen zu Möglichkeiten der Teilnahme sind zu richten an: [email protected]
Über die Boris Canessa ALS Stiftung (Förderung der NfL-Studie)
Die Studie wird durch eine bedeutsame Spende durch die Boris Canessa ALS Stiftung ermöglicht. Die Förderung betrifft die Anschaffung und das Betreiben des SIMOA-Analysegerätes (HD-X, Quanterix Inc., USA), die Beschaffung der NfL-Test-Kits, die personelle Ausstattung des Analyseteams sowie des Projektmanagements und eine Projektförderung für mehrere ALS-Zentren in Deutschland.
Dokumente und Links zur Teilnahme
Patienteninformation und Einwilligungserklärung der NfL-Studie
Link zu Ambulanzpartner (1. Schritt zur ALS-App)
Link zu App-Stores für ALS-App (2. Schritt zur ALS-App)
Publizierte Ergebnisse aus der NfL-ALS-Studie
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ene.15773