Dieser ALS-Podcast ist ein Gespräch mit Prof. Dr. Dieter Edbauer – Mediziner und Grundlagenforscher am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in München. Nach einem Studium der Physik und Medizin in München hat er wissenschaftlich an der Erforschung neurogenerativer Erkrankungen gearbeitet – zunächst an den molekularen Mechanismen der Alzheimer-Erkrankung. Ebenfalls mit einer grundlagenwissenschaftlichen Fragestellung war er fünf Jahre am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston (USA) tätig und hat nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 2009 eine Forschungsgruppe am DZNE in München übernommen. Sein zentrales Thema ist das C9orf72-Gen, das bei 8 % aller ALS-Patienten mutiert ist. Diese Mutationen führen über unterschiedliche Schädigungsmechanismen zu einer genetischen Form der ALS. Auch für die häufige sporadische ALS – bei der keine genetischen Faktoren bekannt sind – erhält das C9orf72-Eiweiß eine besondere Bedeutung, da eine enge Verbindung mit den Ablagerungen des Proteins TDP-43 besteht. Die TDP-43-Ablagerungen liegen wiederum bei 95 % aller ALS-Betroffenen vor. Offensichtlich scheinen die Schädigungswege der C9orf72-bedingten ALS und der häufigen sporadischen AS starke Gemeinsamkeiten aufzuweisen. Daher kann C9orf72 eine Schlüsselrolle in der Aufklärung und Behandlung der ALS zukommen
ALS-Podcast #35 zu Therapieerfolgen bei FUS-ALS veröffentlicht – Gespräch mit Sonja Kämpfer
Dieser Podcast ist ein Gespräch mit Sonja Kämpfer – Mutter und Unterstützerin von Anna Kämpfer, die wiederum mit 15 Jahren an einer genetischen ALS mit dem Namen FUS-ALS erkrankt ist. Die FUS-ALS ist durch Mutationen im FUS-Gen bedingt, die bei etwa 1 % aller Menschen mit ALS vorliegt. In den USA wurde durch das Biotech-Unternehmen IONIS und die Stiftung n-lorem ein genetisches Medikament aus der Gruppe der „Antisense-Oligonukleotide“ (ASO) entwickelt und zunächst einer kleineren Gruppe von Betroffenen zugänglich gemacht. Durch eine ASO-Therapie im Team von Prof. Dr. Neil Shneider an der Columbia University in New York (USA) und einer Fortführung dieser Behandlung in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Markus Weber an der ALS Clinic in St. Gallen (Schweiz) hat Anna einen deutlichen Therapieerfolg erfahren. Dabei konnte eine Verbesserung motorischen Funktionen erreicht werden, die zuvor durch die ALS reduziert oder gänzlich verloren waren. Auch nach strengen medizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben ist die Wiederherstellung von motorischen Funktionen durch die ASO-Therapie als Durchbruch zu bezeichnen. Der Krankheitsverlauf von Anna, das Ringen um diese innovative Therapie, und der therapeutische Erfolg nach Einleitung einer genetischen Therapie gegen die FUS-Mutation sind Thema im ALS-Podcast.
+++ EILMELDUNG +++ Zulassung von Tofersen für SOD1-ALS in der EU – wichtige Entscheidung getroffen
Am Donnerstag, 22. Februar 2024, hat ein wichtiges medizinisch-wissenschaftliches Entscheidungsgremium der europäischen Arzneimittelbehörde EMA in Amsterdam (European Medicines Agency) die Empfehlung für die Zulassung des Medikamentes Tofersen in der Europäischen Union (EU) erteilt. Mit dieser Entscheidung durch das „Committee for Medicinal Products for Human Use“ (CHMP) ist der Weg für die Zulassung von Tofersen in der EU, und damit auch in Deutschland, geebnet. Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, da die vom Hersteller durchgeführte Zulassungsstudie – auf Grund einer sehr kurzen Studiendauer von 28 Wochen – keine statistisch-signifikanten Ergebnisse bei der ALS-Funktionsskala (ALSFRS-R) erbracht hatte. Für die positive Entscheidung waren ein deutlicher Effekt des Medikamentes Tofersen beim Biomarker „Neurofilament“ (NfL) und der positive Trend beim ALSFRS-R von entscheidender Bedeutung. Auch die günstigen Effekte in einer Verlängerungsstudie (open label extension, OLE) wurden berücksichtigt. Das Medikament kommt bei 2.5% aller ALS-Patienten mit Mutationen im SOD1-genInsgesamt ist die Zulassung von Tofersen (Handelsname Qualsody) das erste Medikament gegen eine genetische Form der ALS (SOD1-ALS) und damit als medizinisch-wissenschaftlicher Durchbruch zu betrachten.